Kosmopolis

KOSMOPOLIS – Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 41-42/2022

Zu neuen Ufern – 25 Jahre Jubiläumsausgabe 1997-2022

Prof. Dr. Ronald Daus Ursula Daus Peter Waldmann Peter B. Schumann Deltev von Graeve Beat Presser

Als wir vor 25 Jahren KOSMOPOLIS – Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin konzipierten, hatten wir uns das Ziel gesetzt, mit Autorinnen und Autoren rund um den Globus Themen zu diskutieren, die in dieser prinzipiellen Interdisziplinarität bis zu diesem Zeitpunkt nur selten im deutschsprachigen Raum zusammengetragen worden waren. Mit der digitalen Vernetzung der Kontinente ist unser Anliegen und der Daseinszweck unserer Zeitschrift eher noch wichtiger geworden. Denn wir setzen weiterhin auf die künstlerischen Stimmen aus anderen Kulturen und kombinieren sie zu überraschenden Gesamtkunstwerken.

KOSMOPOLIS – Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 39-40/2021

500 Jahre Weltumsegelung

Ursula DausProf. Dr. Ronald Daus

Sie war ungeplant, wagemutig, kräftezehrend und Vielen den Tod bringend – die erste Weltumsegelung zwischen 1519 und 1522 unter dem Kommando des portugiesischen Generalkapitäns Fernão de Magalhães und dem spanischen Kapitän Juan Sebastián de Elcano. 500 Jahre später wird dieser „Meisterleistung des menschlichen Willens“ in vielfältigen Feiern rund um den Globus gedacht.

KOSMOPOLIS – Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 37-38/2020 „Sama Sama“

Prof. Dr. Ronald Daus Ursula Daus Antonius Moonen Fatimah Tuggar Michelle Nayahamui Rooney Peter B. Schumann Will Buckingham Graham W. Fauci Taciana Fisac

Sind wir in der Lage zu begreifen, daß wir alle derselben Spezies angehören, daß uns ein unsichtbares Band mit dem Leben verbindet?“, fragte sich der aus Kamerun stammende Philosoph Achille Mbembe im Juni 2020 in einem Beitrag für das Internet-Magazin „Africa is a Country“. „Sama sama“, was in Sanskrit sowohl gleich als auch ungleich bedeutet, versucht eine Antwort auf diese Frage zu geben, indem es die sprachliche Verbindung zwischen unterschiedlichen Kulturen herstellt. In Indonesien begleitet ein freundliches „sama sama“, gern geschehen, den Alltag, so wie im philippinischen Tagalog „sama-sama“, das Gemeinsame, das Zusammensein in der Gesellschaft betont. Dabei kann alles mit allem kombiniert und gleichzeitig stattfinden. Die derzeit permanent und penetrant von unterschiedlichen ideologischen Positionen eingeforderte Vielfalt und Toleranz existiert bereits seit Jahrtausenden auf unserem Planeten in vielen Kulturen und könnte jederzeit abgerufen werden.

Unsere Autorinnen und Autoren haben sich dieser Mühe unterzogen, mal kritisch, mal ironisch, mal optimistisch. Sie wurden fündig in Myanmar, wo das Zusammenleben zwischen Neuankömmlingen und Altbewohnern auf eine harte Probe gestellt wird nach Jahrzehnten der Abschottung des Landes. Die unkontrollierten Machenschaften chinesischer Investoren im von der Globalisierung überwältigten Phnom Penh stehen genauso zur Diskussion wie die anhaltende Unterdrückung der Meinungsfreiheit, der Kunstfreiheit und der Versammlungsfreiheit im hyperkapitalistischen Kommunismus Chinas. Selbst das ehemalige „Land der Zukunft“ und der ungebrochenen Lebensfreude Brasilien trägt derzeit schwer an seinem traurigen Schicksal eines von Gewalt gezeichneten Alltags unter einer korrupt-faschistoiden Regierung. Und von den weit entfernten Admiralitätsinseln ertönt der Ruf des Chauka, der sich nach der früheren Gemeinschaft des Kastom sehnt, welcher angesichts der Vereinnahmung der Inseln durch die australische Flüchtlingspolitik immer mehr an Bedeutung verliert.

KOSMOPOLIS - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 35-36/2019

"Pura Vida"

„Pura Vida“ wurde während der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Rio de Janeiro zum fröhlichen Begrüßungsritual aller, die den Spielen der Mannschaft aus Costa Rica beiwohnten. Doch was bedeutet „Pura Vida“ eigentlich? Handelt es sich um einen angeblich unübersetzbaren Ausdruck, wie es der französische Schriftsteller Patrick Deville in seinem Essay „Pura Vida“ (2004) über permanent gescheiterte Revolutionen in Zentralamerika konstatierte? Oder ist es zu einer alltäglichen Plattitüde verkommen, wo sich „Pura Vida“- Zeitungsbeilagen, „Pura Vida“-Biersorten und -Milchprodukte oder eine internetaffine Generation zu „Pura-Vida“-Sex und Drogengelagen verabreden? Der spanische Autor José María Mendiluce deutete den Titel seines Romans „Pura Vida“ (1998) folgendermaßen: „In dieser Region – Costa Rica – aus undurchdringlichen Dschungeln und unerträglicher Hitze scheinen die Regeln der Vernunft außer Kraft gesetzt. Überbordene Gefühle und Leidenschaften bestimmen das menschliche Zusammenleben.“

Seine Verbreitung fand der Begriff in Mittelamerika durch den mexikanischen Film „Pura Vida“ von 1956. Der Regisseur Gilberto Martínez Solares hatte seinen Anti-Helden Melquiades Ledezma mit einer unerschöpflichen Gutmütigkeit ausgestattet, der jeden Mißerfolg als neue Herausforderung zu noch größerer Anstrengung interpretierte. Und tatsächlich kam durch Zufall ein Lotterielos in seine Hände, das sein bisheriges trauriges Leben vergessen machte.

Unsere Autorinnen und Autoren haben sich ganz in diesem Sinne mit den Höhen und Tiefen des „Pura Vida“ befaßt, unbesehen ob es sich um einen im 18. Jahrhundert vom Unglück verfolgten und schlußendlich im 21. Jahrhundert heiliggesprochenen Franziskaner-Missionar aus Mallorca handelt, um einen liebevoll unterhaltenen Tangoclub bei Medellín, dem Ort des Todes von Carlos Gardel, um im Verborgenen arbeitende Holzbildhauer auf der abgelegenen indonesischen Insel Tanimbar, das snobistische

KOSMOPOLIS - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 33-34/2018

Walkabout

„Dulwan mamaa“ nennen die Angehörigen des Ngarinyin-Stammes im australischen Nordwesten der Kimberley-Region die geheimen Pfade auf denen sie seit Urzeiten altes Wissen ihren Nachkommen übermitteln. Es gibt nur „eine Straße, einen einzigen Weg. Wir gehen diesen Weg“ singen sie und tanzen dazu die heiligen Schritte. Denn Wissen muß weitergegeben werden. Und im 21. Jahrhundert haben sie zusätzlich den Weg ihrer Zeit gewählt, den digitalen Pfad, damit die zukünftigen Stammesmitglieder die Bedeutung der überlieferten Botschaften verstehen. Die lange Wanderung auf den historischen Traumpfaden ihrer Totemtiere wird um die virtuellen Kommunikationsmittel ergänzt. Die direkte Verbindung zur Erde, die die Aborigines während ihres Walkabout durch trockene Täler, über Sanddünen und entlang der Billabongs unter ihren Füßen spürten, scheint nicht mehr im Zentrum der Traditionsvermittlung zu stehen. Und so legen auch unsere Autorinnen und Autoren virtuelle und tatsächliche geheimnisträchtige Pfade wie ein vielmaschiges Netz über unseren Globus. Sie berichten von ihren gesammelten Erfahrungen aus Europa und Afrika genauso wie aus Südamerika und Asien. Sie vermitteln uns ihr subjektives Bild von einer Welt, die sich erneut in einem schöpferischen Chaos befindet, wo Erschaffen in Kunst und Literatur genauso seinen Platz hat wie gedankenlose oder prämeditierte Zerstörung der Lebensumwelt. Auch wenn Milliarden Klicks im Internet das virtuelle Reisen zu einer alltäglichen Erfahrung gemacht haben, lösen tatsächliche Eindrücke noch immer die stärksten Emotionen aus. So verursacht eine millionenfache Bewegung von Menschen auf der Suche nach einem besseren oder abwechslungsreicheren Leben bei einigen Beobachtern auch negative Vorahnungen. „Das große Gleiten ist jetzt in das gesamte Spektrum menschlichen Lebens eingedrungen“, konstatiert der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk. Das jahrtausendealte australische Konzept des Walkabout hat schlußendlich die gesamte Menschheit erfaßt.

KOSMOPOLIS - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 31-32/2017

Jubiläumsausgabe 1997-2017

Ursula DausProf. Dr. Ronald DausProf. Dr. Claudia Opitz-Belakhal Dmitrij Chmelnizki Manuel Vázquez Montalbán

Vor 20 Jahren, im Juni 1997, erschien die erste Ausgabe von KOSMOPOLIS – Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin. Damals hatten wir uns vorgenommen, Künstler und Schriftsteller, bewährte Profis und mutige Anfänger, aus Megametropolen und Großstädten aller fünf Kontinente zu unterschiedlichsten Themen zur Mitarbeit anzuregen. Das ist uns bis heute gelungen.

Unsere Herausgeber und Autoren wechselten und brachten je nach kulturellem Schwerpunkt neue thematische Herausforderungen ein. Disziplinenübergreifend argumentierten sie kosmopolitisch zu uralten Sehnsüchten und aktuellen Sujets. Und je schwieriger das politische Umfeld der freien Meinungsäußerung wurde, angesichts von religiös-motiviertem Terror, autoritärer Meinungsbeschneidung und überreizter politischer Korrektheit, umso vehementer schrieben sie gegen die Risse, Brüche, Zerstörungen, Schwächen, Wunden, Nöte und Verhängnisse einer scheinbar immer kleiner und uniformer werdenden Welt an.

Um die Jubiläumsausgabe zu feiern, haben wir einige unserer langjährigen Autoren gebeten, ganz nach freien Stücken ohne thematische Vorgabe von seiten der Herausgeber, ihren Beitrag zu formulieren.

KOSMOPOLIS – Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin erscheint auch nach 20 Jahren als ein Produkt aus Leidenschaft. Alle Mitwirkenden, ob Autoren, Zeichner, Fotografen, Herausgeber oder Redaktion arbeiten ausschließlich honorarfrei, darunter auch Bestseller-Autoren wie der Spanier Manuel Vázquez Montalbán, der Mexikaner Homero Aridjis, chinesische Dissidenten wie Yang Liang oder die deutsche Literaturnobelpreisträgerin 2009, Herta Müller, und der peruanische Literaturnobelpreisträger 2010, Mario Vargas Llosa. Vor vier Jahren eröffneten wir zusätzlich zur gedruckten Ausgabe ein digitales Angebot im Internet unter babylonmetropolis.wordpress.com, auf welchem Vorab-Veröffentlichungen unserer Zeitschriften-Beiträge für ein breites Publikum zugänglich wurden.

KOSMOPOLIS - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 30/2016

Gegen den Strich

Bei dieser Ausgabe stand natürlich der 1884 erschienene und einst berühmte Dekadenz-Roman „Gegen den Strich“ des französischen Autors Joris Karl Huysmans Pate. Die Abkehr von den Zeitgenossen durch Flucht in die luxuriös-gestylte Einsamkeit eines Provinzchalets schien dem adlig-versnobbten Protagonisten der einzige Ausweg zu seiner Seelenrettung. Die Flucht des Protagonisten aus Michel Houellebecqs Roman „Unterwerfung“, 2015, wiederum in diesen Dekadenzroman sollte ihn vor den rechtsextremistischen und islamistischen Exzessen im aktuellen Frankreich retten. Unseren Autorinnen und Autoren scheint dies kein gangbarer Weg. Sie zeigen mit künstlerischen Mitteln, daß das derzeitig politisch aufgeheizte Weltenchaos mit kleinen, aber wirksamen Gegenentwürfen konterkariert werden muß. Mit dem „Chiangrai Ferrari“ liefert der thailändische Künstler Anon Pairot den kompromißlosesten Beitrag. Das im Frühjahr 2016 auf der „Art Stage Singapore“ gezeigte „Superauto“ wurde von Rattanflechtern in Nordthailand gefertigt, die mit dem langwierigen Arbeitsprozess auch einen Alternativbeitrag zum hektischen Metropolen-Leben ablieferten. Der japanische Modeschöpfer Issey Miyake versteht sein gesamtes Lebenswerk als Gegenentwurf zur „Mainstream“-Designwelt. Frauen, die sich zu seinen Kreationen bekennen, brauchen weder Alter noch den Verlust körperlicher Idealmaße fürchten. Denn nur durch die Bewegung des menschlichen Körpers entfalten diese Materialkreationen ihre Schönheit. Zwei Fotografen und Reiseschriftsteller, der eine Schweizer, Beat Presser, der andere Indonesier, Agustinus Wibowo, führen ein Leben im Rhythmus ihrer Fotomotive. Sie leben mit den Menschen, manchmal Tage, oft auch Wochen, bis sie die Bildgeschichten nach ihren Vorstellungen eingefangen haben. Aber auch Schriftsteller in Mexiko oder Panama – wie etwa in den literarischen „Panama Papers“ – suchen akribisch nach unerzählten Geschichten von Menschen, die bis dato als Unsichtbare totgeschwiegen wurden.

KOSMOPOLIS - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 28-29/2015

Traumzeit

30 Jahre BABYLON Metropolis Studies URSULA OPITZ VERLAG 1985-2015

Unser Verlag feiert sein 30jähriges Bestehen. 1985 mit der Reihe „Großstädte Außereuropas“ gegründet, erschien 1994 der erste Band der „Kolonialismus“-Reihe und 1997 die erste Ausgabe unseres Magazins „KOSMOPOLIS - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin“. Seit 2013 veröffentlichen wir aktuelle Beiträge auch auf unserem BLOG babylonmetropolis.wordpress.com.

In unserer Ausgabe „Traumzeit“ suchen wir nach den künstlerischen, literarischen und philosophischen Wurzeln, die auch in diesem bisher so chaotischen 21. Jahrhundert das Recht zum Träumen erlauben. Von der „Zerstörung der Zeit“ spricht der koreanische Philosoph Byung-Chul Han, wenn er die „Logik der Effizienz“ unserer Epoche kritisiert. Er fordert eine eigene Zeit für Rituale und Zeremonien, für Erzählungen und - zum Träumen. In anderen Kulturkreisen wird die neue „Traumzeit“ als nostalgische Besinnung an „heile“ Lebensräumen verstanden. Manado in Nord-Sulawesi will mit neo-eklektizistischen Architekturgebilden die Erinnerung an die einst „schönste Stadt des indonesischen Archipels“ aufleben lassen. Auch beschwören indonesische Autorinnen in ihren aktuellen Romanen auf der Frankfurter Buchmesse 2015 die Epoche der Toleranz und Freizügigkeit unter den hinduistischen Herrschern der Vergangenheit, während sie gleichzeitig an die blutige Epoche zwischen 1965 und 1998 im unabhängigen Indonesien erinnern. In einem von Gewalttaten entstellten Mittelamerika träumt der nicaraguensische Schriftsteller Sergio Ramírez von einer Zeit des kreativen Friedens. Und der brasilianische Fotograf Sebastião Salgado fügt diesem Wunschtraum seine Fotografien in „Genesis“ von einer gerade noch intakten Welt hinzu.

KOSMOPOLIS - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 26-27/2014

Fiktion oder Nicht-Fiktion

Ursula DausProf. Dr. Ronald DausProf. Dr. Claudia Opitz-Belakhal

„Sein oder Nicht-Sein“ – „Fiktion oder Nicht-Fiktion“, das ist in dieser Ausgabe die Frage.

Wer sich mit Realität im 21. Jahrhundert auseinandersetzt, findet sich sehr schnell in der virtuellen Realität wieder. Sie ist dabei, einen großen Teil des realen Lebens zu ersetzen. Ganz anders bei dem Gegensatzpaar „Fiktion/Nicht-Fiktion“. Hier stoßen zwei Aspekte unserer geistigen Auseinandersetzung mit der Realität aufeinander, die von Denkern seit der Antike bis heute durch mehr als drei Jahrtausende spitzfindig unterschieden werden.

Unsere Autoren machen sich genau in diesem Spannungsfeld zwischen Fiktion und Nicht-Fiktion auf die Suche nach Antworten – und die sind nicht immer eindeutig.

Mächtige Beton- und Bronzeskulpturen in Sulawesi dienen eher der Fiktionalisierung von Geschichte als ihrer Erklärung. Der „Orientalischen Despotie im Harem“ durch ein Bündel an vorurteilsbeladenen Nachweisen aus der Geschichte nahezukommen, bleibt bis ins 21. Jahrhundert ein Wagnis der Aufklärung. Dem brasilianischen Autor Jorge Amado sein tatsächliches Leben abzuerkennen, indem man ihn in einen Protagonisten seiner Romane verwandelt, ist in Brasilien gelungen. Der kubanische Schriftsteller Leonardo Padura kann nicht oft genug betonen, daß ein kleines Gemälde von Rembrandt in einem seiner Romane einzig und allein auf seiner fiktionalen Phantasie beruht. Der britisch-indische Autor Salman Rushdie erklärt im Brustton der Überzeugung, dass er sich nur dem Zeitgeist gefügt habe, der von ihm einen nicht-fiktionalen autobiographischen Text erwartete, obwohl ihm das Schreiben von Fiktion weitaus mehr am Herzen liegt. Der Russe Viktor Jerofejew übergeht die gesamte Diskussion, indem er in seinen Büchern Autobiographisches, also Nicht-Fiktion, und Fiktionales bis zur Unkenntlichkeit vermischt. red

KOSMOPOLIS - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 24-25/2013

Weltenbummler

Zwei der berühmtesten Weltenbummler verdanken wir den Gebrüdern Grimm. Die Protagonisten von „Hans im Glück“ und „Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen“ repräsentieren die beiden extremen Pole dieser Spezie im deutschen Sprachraum. Während die Franzosen des 19. Jahrhunderts in Literatur und Kunst dem eleganten Flaneur, dem Stadtbummler, huldigten, suchten die romantischen Geister aus den provinziellen deutschen Kleinstaaten ihr Heil in der weiten Welt. Einer Weltenbummlerin oder einem Weltenbummler ist die Reise selbst wichtiger als das Ziel. Sie oder er kann offen und flexibel auf die am Wegesrand auftauchenden Eindrücke und Erlebnisse reagieren. Das Zeitbudget und die Aufnahmefähigkeit scheinen unbegrenzt. Der von festen Orts- und Zeitvorgaben gehetzte Pauschaltourist des 21. Jahrhunderts hält sich oftmals ebenfalls für einen Weltenbummler, nämlich dann, wenn sein Reiseziel nur weit genug von der Heimat entfernt liegt. So fühlten sich zum Beispiel die Musiker einer bayrischen Blaskapelle ganz weltenbummlerisch, weil sie der reguläre Flugplan von Neuseeland mit einem Zwischenstopp auf der polynesischen Insel Rarotonga zurück nach Europa führte. Die Weltenbummler, denen sich unsere Autorinnen und Autoren widmen, sind keine Zufallsreisenden. Sie ließen sich entlang ihrer Reiserouten auf vielerlei Impressionen ein, wie der französische Maler Paul Jacoulet in Japan und Mikronesien, wie der berühmte Einwickelkünstler Christo in Abu Dhabi, wie weitgereiste Architekten und Designer auf der Suche nach einem neuen Stil für das 21. Jahrhundert in Acapulco. Eine andere Sorte von Weltenbummlern finden sich in den Drogenkurieren zwischen Mexiko, den USA und Europa oder in ihren Bossen und anderen Unterweltsgestalten, die auf der ständigen Suche nach Möglichkeiten einer „sauberen“ Geldanlage sind. Unsere Leserinnen und Leser erwarten in dieser Ausgabe Geschichten von Weltenbummlern sowohl der schönen Künsten als auch der schweren Verbrechen. red

KOSMOPOLIS - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 23/2012

Impotente Götter

"KOSMOPOLIS - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin ist einzigartig auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt". Dr. Christine Waiblinger, Public Relations Manager, Taschen Verlag, Köln

Hier ein Vorgeschmack auf die nächste Ausgabe , die auch im Zeichen der EURO 2012, der Fussballeuropameisterschaft in der Ukraine und zahlreichen Buchveröffentlichungen zur Ukraine anlässliche der Leipziger Buchmesse steht.

„Mit Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens“, dichtete Friedrich Schiller in seinem Drama „Die Jungfrau von Orleans“. So spontan dieser Ausruf des englischen Feldherrn Talbot angesichts seiner Niederlage gegen die Truppen der Franzosen unter Anführung dieser Kriegerin war, so spontan kann man derzeit die vollkommene Ohnmacht all unserer einstigen Götter und unserer aktuellen gottähnlichen Ikonen angesichts des irdischen Chaos konstatieren.

Die Ablösung von überirdischem Glanz und Herrlichkeit durch die absolute Paradiessuche im Hier und Jetzt zeitigte den vollständigen Verlust göttlicher Allmacht. Erfolgreich begann die Entmachtung des Pantheons bereits zur Zeit der Antike. Ein alleinseeligmachender Gott setzte sich an seine Stelle, bis auch er im Zeitalter der Aufklärung den allzu menschlichen Ideologien unter dem Banner der Vernunft geopfert wurde.

Mit dem Ende der Ideologienvielfalt und dem Sieg eines eindimensionalen globalen Kapitalismus hat nun wieder – ganz wie einst im Alten Testament – das Geld als Goldenes Kalb den höchsten Altar erklommen. „Wer sich wehrt, lebt verkehrt“, heißt der abgewandelte Revoluzzerspruch der Alt-68iger heute.

Mit dem virtuellen Rüstzeug des weltweiten Netzes scheint dem Einzelnen eine Waffe gegen Ungerechtigkeit und Willkür an die Hand gegeben zu sein - wie der „Arabische Frühling“ 2011 zu belegen glaubte. Kann wieder einmal ein unsichtbarer Ersatzgott die Ohnmacht seiner Vorläufer in ein potentes Machtzentrum verwandeln? Unsere Autorinnen und Autoren gehen in ihren Beiträgen dem Verlust der Allmacht der Götter über die Jahrtausende nach – von Afghanistan bis in die Ukraine, von Brasilien bis zum krisengeschüttelten Griechenland des 21. Jahrhunderts, das ausgerechnet von diesen einst mächtigen Göttern gänzlich der Willkür virtueller Kräfte überlassen wird. red

Im Schatten der Götter. Ukrainische Notizen 2012 Kretische Impressionen. Wo der Raub der Europa endete. Das Ende der Schamanenkraft. Amazonas-Indianer retten den Urwald per Internet In Berlin und anderswo Neue Bücher mit zahlreiche Neuerscheinungen auch zur Ukraine, aus dem Taschen-Verlag Köln, von Kehrer Heidelberg, HatjeCantz aus Ostfildern, Unionsverlag Zürich, edition fotoTAPETA Berlin, u.v.a.m.

KOSMOPOLIS - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 21-22/2011

Genial

Prof. Dr. Ronald Daus Ursula Daus Dmitrij Chmelnizki Ralph Boxer

KOSMOPOLIS - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin ist einzigartig auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt". Dr. Christine Waiblinger, Public Relations Manager, Taschen Verlag, Köln

Angesichts der vernetzten Flut von Geistreichem und Banalem stellt sich einmal mehr die Frage nach dem wahrhaft Außerordentlichen, dem Genialen. Kann es in der aktuellen Gleichwertigkeit von Alltag, Hype und völlig überschätzten Geistesblitzen überhaupt noch einen genialischen Moment geben?

Aus der Geschichte kennen wir die Definition eines Genies und dessen typischen Vertretern: „Das Genie vollendet, par excellence, was die Natur selbst nicht hatte zum Abschluß bringen können.“ Im abendländischen Kulturkreis gehörten Dichter, Philosophen, Maler, Musiker, Wissenschaftler, Ingenieure und einige wenige Politiker zu den anerkannten Genies.

Wer heute nach diesen Ausnahmemenschen Ausschau hält, findet sich schnell wieder auf der Seite der „Border crossers“, der „Autisten“, der „Bizarren“, der snobistischen „Verweigerer“ oder gar der „Ausgestoßenen“. Genies zeichnen sich durch besonders intensive Gefühle, Vorstellungen oder Erinnerungen aus, deren Intensität bei Normalsterblichen eher Angst als Bewunderung auslöst. „Keiner muß heute mehr ein Genie sein“, heißt somit auch folgerichtig unser erster Beitrag in diesem Heft.

Doch immer wieder machen sich einige „Unbelehrbare“ daran, dem Geniekult auf ihre ganz eigene Art zu frönen. Wir haben sie in dieser Ausgabe versammelt, vom Literaturnobelpreisträger 2010 bis zu einem jungen Zeichentalent, das ein Genie aus einem vergangenen Jahrhundert mit seiner Arbeit würdigt. Auch die lange im Westen belächelten, heute als mediale Erneuerer gefeierten Regisseure, Choreographen und Superstars von Bollywood zieren unser Tableau. Und natürlich feiern wie die unsterblichen Kunstgenies, die in Zeiten der geschmacklichen Beliebigkeit ästhetischen Halt bieten können.

KOSMOPOLIS - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 20/2010

Anonymus/Anonyma

Luis Pulido RitterProf. Dr. Ronald Daus Ursula Daus

In der Ära der Hypervisibilität des Individuums im Internet und der von Politikern und Technokraten vorangetriebenen absoluten Transparenz des Einzelnen scheint es an der Zeit, endlich einmal wieder das hohe Lied der Anonymität zu singen.

Meisterwerke von "Anonymus" oder "Anonyma" zierten über Jahrhunderte Stundenbücher, Klostermauern, Palastwände und Bücher in Bibliotheken.

Das Anonyme unserer Zeit brachte und bringt weniger Kunstvolles, manchmal sogar Erschreckendes hervor. So jedenfalls bringt es die Literaturnobelpreisträgerin 2009, Herta Müller zum Ausdruck. Auch die erzwungene Anonymität von Künstlern und Intelektuellen unter Stalin oder gar der Raub ihres Werkes und ihres Lebens fallen unter diese Rubrik.

Kosmopolis - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 18/19

Literarische Arktis/ Antarktis

Tamara PracelProf. Dr. Ronald Daus Antonius Moonen Ursula Daus

Literarisches zu Arktis und Antarktis zwischen dem "weißen Paradies" und dem "letzten Paradies".

Suchten die Menschen das Paradies bisher in warmen und freundlichen Regionen der Erde, wo in üppigen "Gärten Eden" ein Leben ohne Anstrengung und Arbeit lockte, hat sich die Zielrichtung verändert. Das Paradies, der "Ort der Unschuld" wird immer öfter in eiskalten, unwirtlichen, natürlicherweise für den Menschen nur sehr schwer bewohnbaren oder gar nicht mehr bewohnbaren Regionen vermutet. Die Unmöglichkeit eines angenehmen Lebens in der Arktis oder Antarktis macht sie zu einem präferierten Ort der Sehnsucht, der Imagination, der Illlusion.

Gleichzeitig häufen sich über den realen Polen unserer Erde gewaltige Bücherberge wie auftauchende Eisberge, die immer wieder aufs Neue das Unvergleichliche, Besondere oder Unersetzbare dieser menschenfeindlichen Landschaften betonen und im selben Atemzug den unvermeindlichen Untergang beschwören.

Kosmopolis - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 17

Einsame Kosmopoliten - 10 Jahre Kosmopolis

Luis Pulido RitterProf. Dr. Ronald Daus Ursula Daus

Ein neuer Service für unsere Leserinnen und Leser. Sie finden ab sofort Textauszüge unserer Artikel und Rezensionen auf diesen Seiten, die mit den publizierenden Verlagen verlinkt sind.

Wir feiern das 10jährige Erscheinen von "KOSMOPOLIS – Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin".

1797 charakterisierte der Herausgeber der Zeitschrift "Der Kosmopolit, eine Monatszeitschrift zur Beförderung wahrer und allgemeiner Humanität" in Halle einen idealen Kosmopoliten so: "Der Charakter des Kosmopoliten ist Unparteilichkeit, Wahrheitsliebe und Freimütigkeit".

1997 – genau zweihundert Jahre später - erschien die erste Ausgabe von KOSMOPOLIS – Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin zum Thema "Briefe aus (aller Welt)". Es schrieben uns "Kosmopoliten" von Berlin über St. Petersburg, Addis Abeba, Rio der Janeiro, Sanaa, Boston, Rom und Bukarest. Denn nur wer die Sichtweisen des Anderen seiner eigenen Perspektive zugesellt, ist in der Lage, etwas über den Anderen und über sich zu erfahren.

Kosmopolis - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 16

Die Verlockung des Tribalen

Prof. Dr. Ronald Daus Ursula Daus Julika Lena Schmitz

Der "Tribalismus" ist in voller Blüte. Internationale Schlagzeilen aus dem Jahr 2006 belegene seine ungebrochene und weitgefächerte Vitalität. Unsere Autoren fanden die Verlockungen des modernen Tribalismus auf der russischen Halbinsel Kamtschatka, im karibischen "Rentner-Paradies" Curacao, in West-Papua auf Neuguinea und in zahlreichen Ausstellungen und Büchern von Berlin über Paris bis nach Tibet.

Kosmopolis - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 15

Der Sinn des Reisens

Berühmte Reisende verließen ihre Heimat auf der Suche nach Reichtümern, neuen Kontinenten oder erotischen Abenteuern. Nach ihrer Rückkehr berichteten sie von ihren Erlebnissen. Wenn sie auch nicht immer wahr waren, so waren sie meist aufregend und manchmal lehrreich. Auf der Suche nach einem Sinn f das reisen im 21. Jahrhundert macht man sich erst, nachdem die Welt entdeckt, erforscht, beschrieben und standardisiert worden war. Selbsterfinderisch begeben sich unsere Autoren auf die Reise im Internet, in Büchern, in Filmen, Fotografien - und in der Realität.

Kosmopolis - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 13/14

Widerstand durch Stil

In Zeiten der Globalisierung behaupten sich lokale und regionale Eigenarten. Von den "ewigen Pionieren" in Argentinien und Québec bis zu den Beduinen der arabischen Halbinsel, die zwischen "Foodstuff & Luxuries" wählen können, reicht die Breite der behandelten Themen. Aber auch der Widerstand gegen Bürgerkrieg und Mißhandlung im Kongo oder stilistische Neubesinnung in abgelegenen Hochtälen des tibetischen Himalaya finden Eingang in unser Heft. "Widerstand durch Stil" bedeutet, der Ästhetik eine Hauptrolle bei der Identitätsbehauptung einzuräumen.

Kosmopolis - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 11/12

Décor Asiatique

Asien ist "in". Asien inspiriert durch "große "Perspektiven". Doch an seinen feingeschnittenen Zutaten beißen sich die Eropäer bis heute die Zähen aus. Asien scheint sich immer selbst genug zu sein. Asiatische Künstler blicken immer nur nach Europa, um ihre individuelle Neugier zu befriedigen. Also ist der Blick von Asien nach Europa genauso durch Exotismen eingefärbt wie umgekehrt.

Die ganze Fülle von KOSMOPOLIS 1-12 findet sich am Schluß des Heftes in einem Gesamtverzeichnis: Inhalte, Namens- und Ortsregister und alle bisherigen Buchrezensionen.

Kosmopolis - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 10

Vom Segen des Atheismus

Die Globalisierung des "American Way of Life and Lies" scheint heute, krass anachronistisch, einem Bündel atavistischer Fundamentalismen zu weichen. Absurderweise feiert ausgerechnet der Glaube an nicht eine, sondern gleich an viele unfehlbare Religionen seine Wiederauferstehung. Der Kosmopolit wird sich den Grenzen sener egenen Gewißtheit bewußt, weil er immer das "Ganze" kennenlernt. Im Extremfall mach tihn das zu einem Atheisten. Zeitweise ersetzt er alle Ansprüche von Vorwegglauben, Tradtion und determinierter Erwartung.

Kosmopolis - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 9

Himmelhochjauchzendzutodebetrübt

Leichtigkeit und Schwere wühlen derzeit gleichberechtigt in der gepeinigten Seele der vernetzten Menschheit. Euphorische Fortschrittsrhetorik faselt vom perfekten menschen. Vielleicht sind die extremen Hhen und Tiefen jedoch nur Beschreibungen eines allumfassenden Lebens, wie sie von unseren modernen und postmodernen Autoren geäußert werden.

Kosmopolis - Interkulturelle Zeitschrift aus Berlin 7/8

Thema: "Phantasie & Nackte Wahrheit"

Schon Aristoteles galt die Phantasie als Vermittlungsinstanz zwischen Sinnlichkeit und Geist. Der deutsche Philosoph Kant adelte sie gar in Form einer Theorie der Einbildungskraft. Phantasiebegabt und wahrheitsdurstig verweisen die Beiträge auf die "nackte" Wahrheit, die sich hinter allen Ideen, Bildern und Lügen verborgen halten.